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𝐉𝐞𝐝𝐞𝐫 𝐕𝐨𝐠𝐞𝐥 𝐩𝐟𝐞𝐢𝐟𝐭 𝐬𝐞𝐢𝐧 𝐋𝐢𝐞𝐝

Hast du auch diesen Chef, der täglich tobt? Diese Kollegin, die ständig jammert. Diesen Partner, der sich immer über alles aufregt?


Und merkst du, was es mit dir macht? Immer wieder aufs Neue löst es diese unangenehmen Gefühle aus: Wut, Ärger, Frust, Empörung…. Und du denkst: “Wenn er/sie nicht wäre bzw. dieses Verhalten nicht an den Tag legen würde, dann wäre alles fein.” Und du machst deine Stimmung, dein Wohlbefinden, dein Glück von dieser Person abhängig.

Irgendwann bemerkst du vielleicht - wenn du genau hinschaut - dass du herumrennst und schon förmlich darauf wartest, dass er jetzt gleich wieder zetert. Oder dass sie wieder hochgeht. “Da ist es wieder! Ha, da haben wir es ja!”

Dann willkommen im Kreislauf der negativen Gedanken und Gefühle! Denn kannst du bemerken, wie es jetzt IN DIR schimpft? Wie es jetzt IN DIR jammert? Wie es jetzt IN DIR tobt?

Und nimmst du das mit, den ganzen Tag, auch wenn deine Kollegin nur 2 Minuten gejammert hat, dein Partner sich nur in 5 Sätzen aufgeregt hat, deine Chefin ihrer Wut nur in einem 3-zeiligen E-Mail Ausdruck verliehen hat? Und wie lange schimpft und jammert es in dir weiter? Wie viel Raum gibst du dem? Schläfst du damit ein und wachst du damit auf? Wie vielen Freunden und wie oft hast du davon schon erzählt?


Und jetzt denkst du dir: “Was soll das heißen? Bin ICH etwa Schuld? Muss ICH mich ändern, wenn ER das Problem ist. Muss ich mich reflektieren, wenn in Wirklichkeit SIE Stunk macht?” Wahrscheinlich ist sich sogar die Kollegenschaft hundertprozentig einig, dass er ein Choleriker ist oder sie eine Drama Queen. Du hast also die Bestätigung. Ein Recht auf diese Gefühle! Und klar, du kannst so weitermachen. Jeden Tag aufs Neue dich grämen. Täglich ein bisschen mehr das Magengeschwür wachsen spüren. Jede Woche eine Spur schwerer in die Arbeit gehen. Es gibt schließlich keinen anderen Weg im alten Paradigma: Er schimpft - ich reagiere - es schimpft in mir - ich schimpfe über ihn. Er schimpft…. Sie regt sich auf - ich reagiere - es regt sich in mir auf - ich rege mich über sie auf. Sie regt sich auf… So entsteht Krieg. Seit hunderten (tausenden?) Jahren machen wir das so.

Und es gibt einen anderen Weg im neuen Paradigma. Willst du dich weiter be-schweren? Das Drama nähren? Die falsche Identität, die uns das Leiden gibt, füttern und aufrecht erhalten?



Oder schauen, wie es auch sein könnte… Einen neuen Blickwinkel einnehmen… Du kannst nämlich wählen - tatsächlich! Und zwar völlig unabhängig davon, wie die Umstände sind und wie die Personen in deinem Leben agieren.


Was, wenn wir alle nur Vögel sind, die ihre Lieder pfeifen? Manche zwitschern, andere krächzen. Manche orgeln, andere kreischen. Manche trillern, andere krähen.

Dein Vorgesetzter singt einfach nur sein gewohntes Lied. Deine Partnerin pfeift einfach nur die altbekannte Weise. Was wäre, wenn du nichts damit machen müsstest? Wenn die Melodie einfach eine Melodie wäre - Punkt. Nichts weiter. Nichts Persönliches. Nichts, was irgendetwas mit dir zu tun hat. Wenn dieser Soundtrack zwar nicht deine erste Wahl ist, aber du ihn einfach so stehen lassen könntest? Nicht bewerten müsstest? Und du stattdessen lauscht, was in dir gerade erklingt, während du still wirst und zuhörst…


Und dann erkennen wir vielleicht sogar, dass auch wir nicht immer nur liebliche Melodien trällern, sondern oft sogar ziemlich schräg und schrill klingen. Und was wäre, wenn das auch vollkommen okay ist? Kannst du dann milde mit dir selbst sein? Wenn es dir nicht immer gelingt den richtigen Ton zu treffen. Weil das nun einmal den besten Sängern und Sängerinnen passiert. Wie kannst du anders singen, wenn du gerade nicht anders singen kannst? Unmöglich! Du schimpfst, wenn du schimpfst. Du regst dich auf, wenn du dich aufregst. Das ist die Wirklichkeit. Wenn du anders reagieren könntest, dann würdest du es anders machen, oder? Aber du kannst es gerade nicht. Und was wäre, wenn das auf jeden zutrifft? Was wäre, wenn wir alle gleich sind? (Und merkst du das Erboste “So wie DER bin ich aber sicher nicht, weil….”? - und schon dudelst du wieder deinen Empörungs-Evergreen).


Die Amsel pfeift ihr Liedchen, die Ringeltaube gurrt ihre Tonfolge, der Hahn kräht sein Kikeriki. Er tut das, was ein Vogel seiner Art eben tut. Er singt sein Stück. Was wäre, wenn du das einfach nur interessant finden könntest, und nicht bewertest, in guten und schlechten Gesang einteilst? Es ist einfach, was es ist. Die Kohlmeise lässt immer wieder ihr Zizibe ertönen. Und dein Kollege schimpft, wenn er gerade schimpft. Das ist alles. Ohne Geschichte - was hat es mit dir zu tun?


Stell dir vor, wie dein Leben wäre, wenn du alle ihre Lieder singen lassen könntest, ohne damit etwas machen zu müssen? Wenn es nichts zu tun gibt, außer auf deine eigene Melodie zu lauschen und dich zu fragen, ob du heute mal ein anderes Stück ausprobieren möchtest?


Und du kannst sogar die Gelegenheit nutzen, dich selbst besser kennenzulernen. Tiefer in dich abzutauchen: jedes Mal, wenn das Geschimpfe deines Gegenübers etwas in dir auslöst, kannst du dich fragen, was es für dich bedeutet: “Er schimpft. Und das bedeutet, dass… “ Was heißt es für mich? Welche Gedanken und Gefühle löst es in mir aus? Vielleicht berührt es die tiefe Unsicherheit in mir. Das ständige Gefühl etwas falsch zu machen. Nicht gut genug zu sein. Nicht genug zu sein. Es lässt mich wieder wie ein kleines Kind fühlen, als die Eltern, Lehrer, etc. mit mir geschimpft haben. Vielleicht möchte ich unbedingt alles richtig machen. Und ich bemühe mich so sehr und er/sie scheint es nicht zu sehen. Es scheint nie zu reichen! Und dann fühle ich Scham, Schuld, das schlechte Gewissen. Was ist es bei dir? Was zeigt sich, was alles bereits in dir ist? Was möchte an die Oberfläche kommen und gehört werden?


Und dann übst du dich darin. Im Lauschen und Zuhören und Stillsein. Und du bleibst vielleicht irgendwann gelassen und bei dir. Nicht, weil du besser sein möchtest. Nicht, weil dein Ego dir vorgaukelt weiter oder erhabener oder weiser zu sein. Sondern aus Liebe zum Frieden. Aus Liebe zu dem Menschen, der du in Wirklichkeit sein möchtest (oder in Wahrheit bereits bist!).


Jeder Vogel pfeift sein Lied. Das ist alles.

Photo: Des Recits via Unsplash

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